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Es werden Posts vom Mai, 2025 angezeigt.

PHOENIX ASCENDENS

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Ich betrachte hier eine Karte des unteren Alpenrheins. Wir schreiben das Jahr 1417. Das grün gestreifte Gebiet wurde bereits bis 1375 von den Habsburgern erworben, um ihre Besitzungen in Tirol mit den weiter westlich gelegenen Vorlanden zu verbinden. Die Karte zeigt auch die Grenzen des heutigen Vorarlberg (das Gebiet vor dem Arlberg, dem Berg an der Grenze zu Tirol). Dieses gesamte "Ländle" wurde schließlich habsburgisch und macht ab 1918 das westlichste Bundesland der Republik Österreich aus. Im Jahr 1415 hatte Friedrich IV. (1382-1439), der habsburgische Fürst von Tirol und Vorderösterreich (die habsburgischen Besitzungen westlich des Arlbergs und bis ins Elsass), alle seine Herrschaften verloren, mit Ausnahme Tirols, wo er dem Reichsbann König Sigismunds  noch widerstehen konnte ( Am Abgrund ).  König Sigismund Künstler : Dürer Quelle : Germanisches Nationalm. Der König hatte diese Ländereien eingezogen und verteilte sie sofort wieder unter seinen treuen Verbündeten. Sie ...

AM ABGRUND

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Die Appenzeller Bäuerinnen eilen ihren Männern zur Hilfe Künstler : Martin Distell    Quelle : Zentralbibliothek Solothurn Im Juni 2002, vor mehr als zwanzig Jahren, war ich in Appenzell Innerrhoden unterwegs, dem Schweizer Kanton, der an den Alpenrhein grenzt. Ich war schon einmal dort gewesen, bei einem Ausflug ins Säntis-Massiv ( Und immer fließt der Rhein ), aber dieses Mal hatte ich mir eine leichtere Wanderung vorgenommen. Mein Ausgangspunkt war der kleine Ort Gais. Von dort aus wollte ich nach Brülisau am Fuße des Säntis wandern. In dem kleinen B&B, in dem ich am Vorabend übernachtete, hing ein Bild im Vorraum, das mich sehr faszinierte. Da hackten Bauern und Ritter im Durcheinander aufeinander ein. Und im Wolkennebel am Horizont erahnte man eine Schar von Frauen in weißen Schürzen, die Keulen, Sensen und Sicheln als bedrohliche Waffen schwangen. Das Bild hatte seinen Charme: Bauern, die von Rittern angegriffen wurden, nur um von ihren Ehefrauen gerettet zu wer...

DER KÖNIG IST TOT ...

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Seite aus Heinrich Knoblocher (1488), Heidelberger Totentanz Quelle : Universitätsbibliothek Heidelberg Diese düstere Seite aus einer Schrift, die ein Jahrhundert nach den Ereignissen veröffentlicht wurde, zeigt auf die größte Katastrophe, die die Zivilisation in den letzten anderthalb Jahrtausenden erlebt hat. Mitte des 14. Jahrhunderts glaubten die Menschen, die Welt würde untergehen. Der Schwarze Tod wütete in Eurasien und raffte Millionen von Menschen dahin. Seit Mitte des 6. Jahrhunderts und bis in die Neuzeit hat es keine vergleichbare Katastrophe mehr gegeben. Im Vergleich zu dieser Heimsuchung erscheinen beide Weltkriege, sogar zusammengenommen, wie ein kleines Scharmützel. Die Zahl der Toten war erschütternd und stieg in ganz Eurasien auf fast 200 Millionen. In absoluten Zahlen entspricht dies zwar der Zahl der Opfer der beiden Weltkriege, aber die Gesamtbevölkerung war damals um ein Vielfaches geringer! In Europa starben innerhalb weniger Jahre bis zu 50 % der Bevölkerung. Ni...

ARS GRATIA ARTIS

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Meister Rudolf diktiert seinem Schreiber Anfang aus  Willehalm von Orlens   Quelle : Bibliotheca Palatina, Cod. Pal. germ. 323 Was sehen wir hier auf dem Titelbild? Es ist die erste Seite eines Epos, verfasst von einem berühmten Schriftsteller des Hochmittelalters! Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen haben wir kein Problem damit, sein Werk auf überlieferten Pergamenten wiederzufinden. Er war ein hochgeschätzter Autor und seine Werke wurden immer wieder kopiert, um den Hunger nach erstklassiger Unterhaltung an den königlichen und herzoglichen Höfen seiner Zeit zu stillen. Dieser Epiker heisst Rudolf von Ems (um 1195-1254), und ist der edle (und einzige) Künstler unter den Emsern. Bisher hatten wir es nur mit Generälen, Kardinälen und Heiligen zu tun. Aber Rudolf ist mehr als nur ein weiterer Namensvetter. Er ist eine wahrhaftige Größe, die die Zeiten überdauert hat! Tauchen wir deshalb ein in das Leben und die Leistungen dieses herausragenden Meisters der Feder. Er ...

ES WAR EINMAL ...

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Ein mächtiger Kaiser hält Hof in Tarent in  Petrus de Elbo (1196),  Liber ad honorem Augusti ... Quelle : Burgerbibliothek Bern, Cod. 120.II  ... zu Beginn des Jahres des Herrn 1195, dass ein mächtiger Kaiser das Heilige Römische Reich regierte. Heinrich VI. hieß er, und er hielt gerade Hof in Tarent, in der süditalienischen Provinz Apulien. Nur vier Jahre zuvor hatte er versucht, das rechtmäßige Erbe seiner Frau, das Königreich Sizilien, mit Waffengewalt an sich zu reißen, musste aber mit leeren Händen nach Germanien zurückkehren. Doch kurz darauf war ihm das Glück hold: Der englische König Richard Löwenherz befand sich gerade auf der Heimreise vom dritten Kreuzzug, als ihn der Babenberger Herzog Leopold V. an der Donau überfiel und dem Kaiser auslieferte. Dieser hielt ihn in Speyer gefangen und ließ ihn erst 1194 gegen ein gewaltiges Lösegeld von 150.000 Mark Silber wieder frei. Mit diesem Silberberg konnte der Kaiser ein großes Heer finanzieren, um erneut die Eroberung...